© Jessica Schäfer
Anfang Oktober trafen wir Prof. Christiane Riedel, Vorständin der Verbrauchsstiftung Crespo Foundation, in ihrer neuen Wirkungsstätte in der Weißfrauenstraße 1-3. Zu diesem Zeitpunkt steckt sie gemeinsam mit dem gesamten Team in den letzten Zügen zu den Vorbereitungen für das große Eröffnungswochenende.
Christiane Riedel teilt im Gespräch mit uns ihre Verbundenheit zu ihrer Heimat Karlsruhe, Gedanken und Motivation hinter der Stiftungsarbeit, ihre Wünsche für die kulturelle Entwicklung Frankfurts und ihre Beziehung zur Stadt sowie ihre Begeisterung für den neuen Stiftungssitz.
Liebe Frau Riedel, danke, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben – und das trotz der ganzen Hektik und des Stresses aufgrund der anstehenden Eröffnung des Hauses. Da Sie nun im Herzen Frankfurts sitzen und unser Büro im Herzen Sachsenhausens liegt, können wir uns eine Frage nicht verkneifen: Wenn wir jetzt in einer Apfelweinwirtschaft wären, was wäre in Ihrem Gerippten?
Apfelweinschorle
Wir möchten über Sie, die Crespo Foundation und Frankfurt sprechen, liebe Frau Riedel. Daher die Frage: Was ist Ihr Geheimtipp für Frankfurt?
Der Klosterhof der Liebfrauenkirche am Liebfrauenberg. Mitten im Innenstadtgetöse ist er ein echter Ort der Stille, ein sehr schöner Ort. Er tut der Seele gut.
Sind Sie bereit für einen kleinen Fragenhagel?
Entscheiden Sie sich entweder für das eine oder das andere!
Und typisch Frankfurt ist..?
…die Braubachstraße. Hier gibt es alles, um Frankfurt zu lieben.
In Vorbereitung auf dieses Interview sprachen wir mit unserem Inhaber und Gründungspartner Christian Schmidt. Dessen Familie stammt, wie Sie, aus Karlsruhe, wo er selbst am heutigen KIT studierte. Auf die Frage, was er mit der Stadt in Verbindung bringe, sprach er voller Begeisterung von dem durchdachten Stadtbild. Als Planstadt der Neuzeit besticht Karlsruhe mit einer klaren Lesbarkeit der Stadtstruktur, einer schön gestalteten Atmosphäre inmitten einer inszenierten Ordnung sowie des Aufhebens eines scheinbaren Widerspruchs. In Karlsruhe ist eine wunderbare Synthese von Natur und Ordnung zu finden, die, so Christian Schmidt, mehr Städte zum Vorbild nehmen sollten. Diese Aussage entspricht der eines Architekten, weshalb wiederum Folgendes interessant ist: Was verbindet eine echte Badenerin mit ihrer Heimat Karlsruhe?
Von Außen hat man den Eindruck, als seien die Badener:innen vor allem gemütlich. Aber sie sind auch sehr innovativ und immer wieder zu großen Neuerungen bereit. Karlsruhe und sein Umland sind die viertstärkste IT-Region in Europa. Das hat viel Power, auch in der Kultur, die mit dem ZKM / Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe zeigt, wie wir unsere digitale Welt gestalten können (und müssen)…
Was kann Frankfurt von Karlsruhe lernen?
Den Hauch von savoir-vivre, der vom nahen Elsaß herüberweht. Dazu gehören auch die allsommerlichen Schlosslichtspiele: vergnügliche Medienkunst für alle bei schönster, friedlicher Atmosphäre, bei freiem Eintritt und unter freiem Himmel.
Was fasziniert Sie an der Stiftungsarbeit der Crespo Foundation?
Die Verbindung von Kunst, Bildung und Sozialem und die Konstruktion als Verbrauchsstiftung. Das alles – und das Motto „Menschen stark machen“ – hat die Stiftung der unkonventionellen, künstlerischen und menschenzugewandten Stifterin Ulrike Crespo zu verdanken.
Das Motto der Crespo Foundation und Ihrer Arbeit lautet „Menschen stark machen“. Wie setzen Sie dies um? Wie macht die Crespo Foundation Menschen stark? Zeigen Sie uns dies gerne anhand vergangener Projekte dies exemplarisch auf.
Das SABA Bildungsstipendium unterstützt nun schon im 18. Jahr Menschen mit Migrationserfahrung darin, einen Schulabschluss nachzuholen. Es ist unglaublich, mit wie viel Energie, Motivation und Optimismus sie so viele Hürden meistern! „Tanz und Basketball machen Schule“ haben wir gemeinsam mit den Skyliners e.V. initiiert, um Kinder und Jugendliche tänzerisch und sportlich in Bewegung zu bringen. Die Erfahrung mit dem eignen Körper macht Spaß – und stark!
Im Frühjahr konnte die Stiftung die neuen Räumlichkeiten in der Weißfrauenstraße 1-3 nach einer intensiven (Um-) Bauzeit beziehen. Christian Schmidt als Partner von Schmidt Plöcker Architekten blickt gerne auf die Zeit zurück und erinnert sich positiv an den inspirierenden Dialog mit Ihnen. Wie haben Sie diesen Prozess wahrgenommen? Skizzieren Sie gerne den Weg zum heutigen Crespo Haus, den Sie mit Schmidt Plöcker Architekten gemeinsam gegangen sind.
Christian Schmidt und sein Team haben sofort verstanden, was die Crespo Stiftung ist und was das Crespo Haus und der Open Space darin braucht: offene Räume für die Verbindung von Kunst, Bildung und Sozialem, einladende Räume für die Begegnung von Menschen, eine fließende Verbindung der Räume und von Innen und Außen und statt einem „schillernden“ Neubau ein dezentes, zeitgenössisches Signet durch ein geschwungenes, begrüntes Dach. Man hat uns anfangs sehr gut zugehört und während der Planungs- und Bauphase immer zum richtigen Zeitpunkt immer wieder nachgefragt. Wir fühlten uns sehr gut gesehen und verstanden.
Welche Chancen bietet Ihnen das neue Domizil für Ihre Stiftungsarbeit; was hat sich besonders verbessert?
Der Open Space im EG und UG ist unsere „gläserne Werkstatt“, in dem wir unsere Stiftungsarbeit erlebbar machen mit Ausstellungen und Workshops, Aufführungen und Projektpartner-Treffen – einfach mit allen unseren Aktivitäten. In den Büroetagen findet das stark gewachsenen Team nun ausreichend Arbeits- und Besprechungsräume. Und es gibt eine Etage für Partner:innen, die als eine Art von Förderung zeitweise bei uns sein können.
Was ist ihr Lieblingsplatz im Gebäude? Wo halten Sie sich am liebsten auf und warum?
In der Lounge des Open Space im Erdgeschoss. Man kann dort einfach sein, arbeiten, Menschen treffen, an der Kaffeemaschiene einen Espresso holen, aus dem Obstkorb Äpfel naschen und dabei das Gefühl zu haben, im pulsierenden Herzen Frankfurts zu sein.
Mit der denkmalgeschützten Fassadenrevitalisierung, der Neuorganisation der Innenräume sowie der Öffnung der Raumstruktur kombiniert das Crespo Haus Altes mit Neuem. Wie würden sie die Atmosphäre dessen beschreiben?
Einladend, offen, kommunikativ, lichtdurchflutet, frei … und immer ein bisschen anders.
Wovon braucht Frankfurt mehr? Was steht auf Ihrer Wunschliste?
Künstlerische Interventionen im Stadtraum, auch außerhalb des Zentrums, und öffentliche Orte, an denen sich Frauen wohl, sicher und geschützt fühlen können.