Transformation statt Abriss

Potenziale des Offenbacher Kaiserleis zur Entwicklung eines nachhaltigen und zeitgemäßen Wohnquartiers

Das Entwicklungsgebiet Kaiserlei an der Stadtgrenze zu Frankfurt ist geprägt von den Betongerippen der ehemaligen Siemens-Türme, Symbol für den Stillstand des Viertels. Ziel ist eine zukunftsweisende Transformation zu einem lebendigen, dichten Quartier, inklusive modernem Wohnraum für Studierende im Rhein-Main-Gebiet. Dies führt zu einer natürlichen Belebung und einem Bedarf an vielfältigen Angeboten. Unsere Vision ergänzt die Bestandsbauten durch eine ganzheitliche Betrachtung und kombiniert serielles Bauen mit einer modernen, städtebaulich komplexen Struktur.

Unsere Ideen für die Transformation des Kaiserleis zielen auf die Entwicklung einer eigenständigen “Stadt in der Stadt” mit einem charakteristischen Quartier, das zwischenmenschliche Kontakte und kurze Wege fördert. Die bestehenden Siemens-Türme bleiben mit Ergänzungen Ankerpunkte des Quartiers, umgeben von öffentlichen Plätzen, Höfen, Gärten und Hochebenen als Kommunikationsorte. Eine klare Gliederung in öffentliche, halböffentliche und private Freiräume fördert Sicherheit und Vielfalt. Urbane Treffpunkte als Herzstück dienen als Orte des Zusammenkommens und der Erholung, wodurch eine langfristige Nutzung sichergestellt wird.

Die Türme sollen in erster Linie zu Studierendenwohnungen ausgebaut werden, umgeben von barrierefreien Gebäuden mit maximal acht Geschossen, die von Familien, älteren Menschen, Singles oder Berufstätigen bewohnt werden können, um ein Wohnen für alle zu ermöglichen. In den Türmen sollen durch Um- und Anbaumaßnahmen insgesamt 1.502 Einheiten entstehen: 1.059 Studierendenzimmer, 374 Hostelzimmer und 69 Doppelzimmer.

Initiiert wurde dieser angedachte Transformationsprozess vom Hamburger Immobilien- und Investmentunternehmen Becken Holding GmbH. Im Rahmen eines SCRUM-Prozesses erfolgte eine Konkretisierung und die Projektausarbeitung.

Das SCRUM-Team setzt sich zusammen aus:

  • Dreyer & Kollegen Real Estate GmbH
  • Schmidt Plöcker Architekten PartG mbB
  • D2 Gesellschaft für Brandschutzplanung mbH
  • HAZ Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH
  • Ingenieurbüro Liebert Versorgungstechnik GmbH & Co. KG
  • OFB Projektentwicklung GmbH
  • Dörflinger Gesellschaft für Elektroplanung mbH & Co. KG
  • LUXESS DEVELOPMENTS GmbH
  • Drees & Sommer SE
  • STEUERNAGEL INGENIEURE GmbH
  • urban transformation architecture list

Die Stadt Offenbach, einschließlich Stadtplanungsamt, Bauamt und Gestaltungsbeirat, zeigt große Offenheit und Kooperationsbereitschaft gegenüber dem Projekt. Dieses könnte als Initialzündung dienen, um Offenbach als attraktiven Wohn- und Arbeitsort zu etablieren. Die Freiräume, die Nähe zum Main und der neue Park im Kaiserlei betonen die Bedeutung des Quartiers für die städtische Vision.

Die geplanten Gemeinschaftsflächen (z.B. Waschräume, Aufenthaltsräume, Lernzimmer) belaufen sich derzeit auf eine Fläche von 2543 qm. Zur weiteren Durchmischung und Belebung des Areals tragen auch Büroflächen in der unmittelbaren Nachbarschaft bei. Die großzügig angelegten Freiräume fördern die Kollektivität, während private Rückzugsorte klein gehalten sind. Die Dächer auf verschiedenen Ebenen dienen als Gärten, Grünflächen, Terrassen oder Sportplätze.

Ein eigenes Quartiersmanagement fungiert als Dienstleister und Qualitätssicherer, übernimmt technische und organisatorische Aufgaben und fördert durch Synergien das Wohl der Bewohner sowie die Instandhaltung der Immobilien. Es unterstützt bei alltäglichen Aufgaben, führt Reparaturen durch und pflegt gemeinschaftliche Anlagen, was das Gemeinschaftsleben stärkt und die Lebensqualität verbessert.

Zur Belebung des Quartiers und Förderung der Stadt der kurzen Wege sind in den Sockelgeschossen öffentliche Nutzungsräume geplant. Geplante Angebote umfassen Einzelhandel, Gastronomie, soziale Einrichtungen, Fitnessstudio, medizinisches Zentrum sowie Bildungs- und Dienstleistungseinrichtungen. Diese Vielfalt soll Fahrten reduzieren und den ökologischen Fußabdruck der Bewohner verringern.

Nachhaltiges Mobilitätskonzept

Das Quartier besticht durch ein Mobilitätspotenzial, welches eine gute Anbindung an Bus und S-Bahn sowie neue Radwege kennzeichnet. Dadurch werden Nachhaltigkeit, Gesundheit und ein geringerer Verkehr gefördert. Geplant sind Mietsysteme für Fahrräder und Autos sowie ein Parkdeck mit Carsharing und E-Mobilität, um den Autoverkehr zu reduzieren. Auf eine großflächige Tiefgarage wird verzichtet, um das Konzept einer „Schwammstadt“ mit grünen Flächen zur Regenwasserspeicherung zu realisieren, was das Mikroklima verbessert. Zudem wird der CO₂-Verbrauch durch regenerative Energiequellen wie Erdwärme und Photovoltaik gesenkt.

Gebäudetransformation durch serielles Bauen im Bestand

Die Gebäudetransformation setzt auf serielles Bauen im Bestand mit modularen Raumelementen und standardisierten Prozessen. Diese ressourcenschonende, effiziente und kostengünstige Bauweise erhöht Flexibilität und Resilienz des Gebäudes. Vorfertigung und reversible Verbindungen ermöglichen eine schnelle Bauzeit und geringere Emissionen. Die modulare Struktur kann je nach Bedarf angepasst werden und Bauteile sind am Ende der Nutzung leicht trennbar und wiederverwendbar. Leichtbau-Fassaden reduzieren die statische Belastung, Balkone entfallen und Module können bei Bedarf ausgetauscht werden.

Machbarkeit

Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie konnte herausgefunden werden, dass das Stahlbetonskelett der Türme eine solide statische Grundlage bietet. Bei einem Neubau der Bauteile A und B wäre ein Einsatz von 10.000 Tonnen Stahl und 100.000 Tonnen Beton nötig, was zu erheblichen CO₂-Emissionen führen würde.

Das Raumkonzept nutzt modulare Bauweise, bei der die Raumkonstruktion als vorgefertigte Box gedacht ist, die in das bestehende Gebäude eingeschoben wird. Nasszellen wie Dusche, WC und Waschbecken sind vormontiert. Aufgrund der niedrigen Einbringöffnungen im Bestand und der hohen Toleranzanforderungen gestaltet sich der modulare Bau als komplex. Um dennoch eine hohe Vorfertigungsrate zu ermöglichen, werden Module ohne Decke eingebaut und fehlende Wandbereiche durch Adapterwandstücke bis zur Betondecke geschlossen. Zusätzlich kann durch eine durchgängige Wassernebel-Löschanlage die Ausführung der Module als leichte Holzkonstruktion erfolgen.

Terminschiene

Die Realisierung des Projekts ist im Hinblick auf das Bauvorhaben in einem kurzen Zeitraum umsetzbar. Binnen circa zwei Jahren sind Detailplanung und Herstellung des Mock-Ups, der serielle Produktionsstart der Modulzellen, sowie der tatsächliche Einbau der Zellen in die bestehenden Türme möglich.