U-Bahnhof Martinsried

München, 2021
2. Platz Wettbewerb

Neuronale Strukturen als erlebbares Gestaltungskonzept aus Licht und Schatten.

Der Neue U-Bahnhof Martinsried liegt im Südwesten Münchens, an der Schnittstelle zwischen städtischer Bebauung, Campus Martinsried und ländlichem Erholungsraum mit den Ausläufern des Forstenrieder Parks. Auf dem Campus und in der näheren Umgebung befinden sich renommierte Institutionen wie das Biomedizinische Centrum München, das Biozentrum der Universität (LMU), das Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB), das Max-Planck-Institut für Biochemie und Neurobiologie sowie zahlreiche Biotech-Firmen. Hier findet ein einmaliger Austausch und eine Vernetzung von Wissenschaft/Lehre, Wirtschaft und Gesellschaft statt und ist ein Alleinstellungsmerkmal des Standortes.

Biologie als eine Leitwissenschaft des 21. Jahrhunderts stellt dabei eine Brückenfunktion zu den anderen Fachbereichen wie Medizin, Physik und Chemie dar. Wie im Leitbild des Biozentrums der LMU beschrieben, können Lebensvorgänge in ihrer ganzen Komplexität, vom molekularen Detail bis zum übergreifenden Verständnis komplexer Prozesse in ihrer Gesamtheit untersucht werden.  Hier durchgeführte Untersuchungen und Versuche führen zu elementaren Erkenntnissen und liefern einen immens wichtigen Beitrag für zukünftige Entwicklungen. 

Die wissenschaftliche Betrachtungsebene des Lebens und seiner Prozesse, neuronale Netzwerke und Verknüpfungen sind messbar und nachvollziehbar. Ihre Grundstrukturen und Prinzipien sind allgegenwärtig, sie finden nicht nur in der Naturwissenschaft Anwendung, sondern dienen ebenso der Technik als Vorbild.

Dem gegenüber steht die Natur, die auch auf emotionaler Ebene tief wahrgenommen und empfunden wird. Sie stellt so in gewisser Weise einen Kontrast zur Welt der Berechnungsmodelle, Strukturen und Analysen dar. Entsprechend ist sie unmittelbar erlebbar, wie beispielsweise bei einem Spaziergang durch den Wald.

Grundgedanke des Entwurfes ist es, diese beiden Betrachtungsebenen zusammenzubringen und zu überlagern.

Grundgedanke des Entwurfes ist es, die beiden Betrachtungsebenen der Wissenschaft und Natur zusammenzubringen und zu überlagern.

Die Abhangdeckenelemente (max. Abmessung 120 x 120cm) sind von ihrer Fügung und Aufbau einfach gehalten. Jeweils 9 dieser Elemente (ca. 3,5 x 3,5m) ergeben eine Einheit, die sich regelhaft wiederholt; lediglich im Bereich der Aufgänge und am Oberlicht befinden sich einige wenige Sonderelemente. 

Die Decke wird als industriell gefertigte Systemdecke an einer Unterkonstruktion eingehängt und sicher fixiert. Ungeachtet der augenscheinlich komplexen Formgebung sind die Bauteile wirtschaftlich herzustellen; dies ist mit einem namhaften Systemdeckenhersteller aus dem Allgäu technisch auch mit einem Prototyp geprüft worden. 

Die Elemente sind aus hell pulverbeschichteten Stahlblechelementen gefertigt, welche die Formensprache neuronaler Netze aufgreifen. Die einzelnen Felder der Elemente sind perforiert bzw. leicht eingeschnitten und in Teilen nach oben in der Fertigung in unterschiedlichen Öffnungsgrade geneigt, sodass zusätzlich zur Grundbeleuchtung und im Bereich der Tageslichtöffnungen an verschiedenen Stellen die Decke von innen zu strahlen scheint, und an ein lichtdurchflutetes Blätterdach erinnert. 

Notwendige technische Komponenten wie Rauchmelder, Lautsprecher, Leuchten etc. sind konstruktiv mit geplanten Aussparungen integriert, so kann eine Wartung regelhaft ohne Öffnen der Decke erfolgen. Bei Bedarf können Geräte auch direkt unter die Felder montiert werden, dann bleiben diese geschlossen. Die Unterkonstruktion der Seriendecke ist ausgesteift; die einzelnen  Deckenelemente können zu Revisions- und Reinigungszwecken problemlos abgeklappt werden. (Seilgesichert)

Im Bereich der vorgegebenen Lichthöfe / Oberlichter wird die raumgestaltende Decke als Struktur aus der Fläche heraus abgeleitet; hier sind zwei Ebenen konstruktiv miteinander verbunden, sodass die Öffnung in ihrer Höhe auch erfahrbar bleibt.

Durch das übereinanderschichten der netzartigen Struktur wird das eindringende Tageslicht „gebrochen“ und erinnert in seiner diffusen Abbildung auf dem Boden an das Schattenspiel unter einem Baum. Reflektionselemente, welche in den Oberlichtern platziert werden, verstärken zusätzlich den Effekt der diffusen atmosphärischen Lichtstreuung. 

An der Betonaufkantung oberhalb der Unterdecke werden reflektierende Metallpanele befestigt, die durch Spiegelung und Reflektion die Tageslichtausbeute erhöhen, so dass auch die Raumkanten des Oberlichts sich aufzulösen scheinen. 

Die Oberlichter erhalten eine konstruktive Glasabdeckung gemäß Norm als „Überkopfverglasung“. Die netzartige Struktur zeigt sich nach außen erkennbar. Insbesondere bei Dunkelheit ist die Struktur gestaltprägend durchschimmernd (Vandalensicher) erkennbar. 

Für die notwendige Entrauchung bzw. Lüftung erfolgt am oberen Drittel der Glaseinfassung der Oberlichter mit offenen Lamellen mit Insekten- und Durchwurfschutz. Die Entwässerung erfolgt über die lange Seite der Glasabdeckung mittels 2% Gefälle und von dort über Drainagen in den Grünraum zur Versickerung. Im Bereich der Eingänge erfolgt die Dachentwässerung über ein Fallrohr, das verdeckt in der Unterkonstruktionsebene liegt und an die örtliche Entwässerungsleitung angeschlossen ist.