Ernst Wahlbusch Kindertagesstätte

Göttingen, 2023
2. Preis Wettbewerb

Naturnahes Lernen eingebettet im Grünen.

Gemeinsam mit Kubus Freiraumplanung konnten wir im Wettbewerb für die Kindertagesstätte Ernst Wahlbusch in Göttingen den zweiten Preis erreichen.

Mit einer maximal kompakten Gebäudehülle schaffen wir ein höchstes Maß an Funktionalität und architektonisch-landschaftlicher Qualität. Aufgrund des Größenverhältnisses von einer kleinen Grundstücksfläche zu einem komplexen Raumprogramm ist es für die Aufenthaltsqualität im Außenraum unumgänglich ein Gebäude mit einem möglichst geringem “Fußabdruck” zu gestalten. So wird weit mehr Außenraumfläche als gefordert generiert und der Entwurf setzt einen Schwerpunkt auf ein vielfältiges Angebot an Spiel- und Vegetationsflächen im Außenraum. Durch seine Kompaktheit soll der Entwurf nicht zuletzt im Sinne der Nachhaltigkeit einen richtungsweisenden Beitrag leisten, da eine kompakte Gebäudehülle insbesondere in Bezug auf einen niedrigen Primärenergiebedarf, als auch im Hinblick auf konstruktive und materialtechnische Belange eine wichtige Rolle spielt.

  • Ausloberin

    Stadt Göttingen,
    FB Gebäude, FD Hochbauplanung

  • Wettbewerbsorganisation

    carsten meier architekten stadtplaner bda

  • Verfahren

    Hochbaulich- und Freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb

  • Kooperationen

    Kubus Freiraumplanung GmbH & Co. KG

  • Auszeichnungen

    2. Preis

  • Status

    abgeschlossen

  • Leistung

    Entwurf

  • Planung

    2023

Der Haupteingang der Kita befindet sich auf der Westseite und ist in der Fassade gut ablesbar. Das Foyer, das auch als Elterntreff dient, ist von Westen nach Osten durchgesteckt und öffnet sich über die Mensa zur Gartenseite. Dieser zentrale Knotenpunkt verbindet die Krippe im Südbereich, die Verwaltungsräume im Norden und die KiTa im Obergeschoss. Eine offene einladende Podiumstreppe verbindet beide Geschosse und bildet den kommunikativen Marktplatz der Kita. Im oberen Geschoss befinden sich die Gruppenräume der Ü3 Kinder mit ergänzenden Funktionsräumen, Bewegungsbereich und Theaterraum. Mit einer großzügigen, intensiv begrünten Dachterrasse eröffnet sich den Kindern ein großer Nutzgarten und Spielterrasse, welche mittels einer Pergola verschattet wird.

Die Typologie des Gartenhauses orientiert alle Gruppen- und Aufenthaltsräume stringent nach Osten. Gegenüberliegend und im entgegengesetzten Rhythmus befinden sich die Funktionsräume. Eine zusammenhängende wellenähnliche Linie im Bodenbelag verbindet auf spielerische Art und Weise alle Räume und macht das offene Raumkonzept erlebbar. Die klare Gliederung des Baukörpers in Gruppen- und Nebenraumzonen ist in der Ausbildung der Fassaden ablesbar. Allen Gruppenräumen im Obergeschoss ist einen Laubengang vorgelagert. Drei Außentreppen und eine Rutsche, die sich plastisch vom Baukörper abheben, führen auf direktem Weg vom Obergeschoss in den Garten mit Freispielflächen. Die additiven Erschließungselemente werden als wichtige gestaltungsprägende Komponenten konzipiert und vollenden die Gesamtkomposition der Gartenfassade.

Der Neubau wird als Holz- Systembau vorgeschlagen. Die Fassade, ebenfalls aus Holz, wird einerseits durch das Abzeichen der Gebäudestruktur und der vorgelagerten Terrasse bestimmt.
Die Materialität der Fassade spiegelt das nachhaltige und natürlich anmutende architektonische Design des Gebäudes wider. Die Außenwände aus großformatigen Holztafelelementen mit einem großen Wiederholungsfaktor und Vorfertigungsgrad führen zur Maximierung der Qualität und des effizienten Bauverfahren. Ein ausgewogenes Verhältnis von transparenter und opaker Fassade wird komplementiert von einem aktiven rollbaren textilen Sonnenschutz, wodurch ein optimaler sommerlichen Wärmeschutz erreicht wird. Durch die rote Farbe der vertikalen Holzverkleidung hebt sich das Gebäude von dem Grün der umliegenden Landschaft ab. Haus und Natur bilden eine harmonische Gesamtkomposition und ergänzen sich in deren komplementärer Farbigkeit.

Durch die kompakte 2-geschossige Lösung gelingt es einen geringen Fußabdruck zu realisieren, der einen baumbestandenen Hof und eine große zusammenhängende Gartenfläche ermöglicht. Das zweigeschossige Volumen schafft eine klare Adressbildung in Richtung Ernst-Fahlbusch-Straße, zu der sich der eingeschnittene Haupteingang hin orientiert.

Bei der Erstellung des Energiekonzeptes standen die Nutzung von natürlichen Ressourcen und passive Maßnahmen im Vordergrund, um aktive technische Komponenten im Sinne eines Lean-Building-Konzeptes (Schlanke Gebäudetechnik) zu minimieren. Dadurch werden die Lebenszykluskosten der technischen Anlagen und der Energiebedarf des Gebäudes deutlich verringert. Die kompakte Bauweise (A/V-Verhältnis), die baukonstruktive Eigen Verschattung, sowie die Gebäudehülle mit geringen Transmissionswärmeverlusten (Primärenergiebedarf ≤ 15 kWh/(m2a) fördern den ressourceneffizienten Betrieb des Gebäudes. Die erwünschten solaren Gewinne im Winter werden über die tiefstehende Morgensonne (Orientierung der Gruppenräume nach Osten) generiert und so der unerwünschte Wärmeeintrag über die Südseite im Sommer verhindert. In der Abwägung solarer Gewinne im Winterfall und übermäßiger Aufheizung im Sommer ist der sommerliche Wärmeschutz als vorrangig zu betrachten – insbesondere vor dem Hintergrund der internen Gewinne durch die hohe Anzahl an Personen während der Nutzungsdauer. Daher keine Südausrichtung der Hauptfassade. Die Nord- und Westfassade sind bewusst mit geringem Öffnungsanteil, um Transmissionswäremeverluste zu reduzieren. In der Kombination mit Niedrigenergielösungen, wie beispielsweise natürlicher Belüftung, guten Tageslichtverhältnissen und Nachtauskühlung, sowie dem Kamineffekt im Atriumbereich werden die Kohlendioxidemissionen langfristig reduziert.

Trotz leichter Holzbauweise, wird durch den Einsatz von gemauerten Lehmziegelwänden (Ausfachung der Holzrahmen) ausreichend Speichermasse für eine passive Kühlung generiert, um die sommerliche Überhitzung zu vermeiden und den thermischen Komfort gleichmäßig in allen Räumen zu steigern. Auch wird das gute Feuchtepuffervermögen des Materials Lehm aktiv eingesetzt, d. h. seine Eigenschaft, bei hohen Raumluftfeuchten Feuchte aufzunehmen und entsprechend wieder abzugeben, wenn die Luftfeuchte im Raum sinkt. Diese Eigenschaft beeinflusst zwar die Festigkeitskenngrößen von Lehmsteinmauerwerk, stabilisiert im Gegenzug – wie kein anderer Baustoff – das Innenraumklima und trägt zur Vermeidung feuchtebedingter Schimmelpilzbildung bei.

Das Raumkonzept mit Tageslichteinfall von mehreren Seiten, ermöglicht eine hohe Tageslichtautonomie und unterstützt dabei den optimierten Stromverbrauch. Ein hybrides Lüftungskonzept sieht für den Sommerfall vor, mittels maschineller Grundlüftung den Anstieg des CO2-Gehalts in Gruppenräumen zu verlangsamen und mittels freier Fensterlüftung den CO2-Gehalt wieder auf Außenluftniveau zu bringen sowie über natürliche Nachtlüftung (entladen des thermischen Speichers in der Nacht) einer sommerlichen Überhitzung zu begegnen. Im Winter erbringt die maschinelle Lüftung mit zentraler Wärmerückgewinnung den benötigten Luftwechsel, um Lüftungswärmeverluste zu minimieren. Für die technische Versorgung sollen regenerative Energien zum Einsatz kommen. Das Dach ist großflächig mit PV-Elementen belegt. Ein Niedrigtemperatur-Heizsystem aus einer Luft- Wasser-Wärmepumpe dient zur thermischen Vorkonditionierung der Zuluft auf 18 Grad und zur Warmwasser- Bereitung.

Durch eine adiabate Abluftkühlung, auch unter Ausnutzung von Regenwasser, kann das Konzept des sommerlichen Wärmeschutzes ergänzt werden, sodass über die Lüftungsanlagen im Sommer passiv vorgekühlte Luft in die Räume gelangt. Die Zuluftkanäle für die maschinelle Lüftung sollen zusätzlich einmal unter der Bodenplatte hindurchgeführt werden, um zusätzlich das Erdreich als thermischen Speicher zu aktivieren.

Das Gebäude ist in Holzrahmenbauweise mit partiellen Lehmbauausfachungen konzipiert, welche die leichte Holzbau- weise um energetisch wirksame Speichermassen sinnvoll ergänzen und leistet so einen überzeugenden Beitrag zum klimaschonenden Bauen.

Das Freiraum Konzept basiert auf der Idee, das Gebäude und Garten, Innen- und Außenraum miteinander zu verbinden. Die Spielbereiche für die unterschiedlichen Kindergruppen sind getrennt angeordnet, wobei die jüngeren Kinder U3 direkt neben den Gruppenräumen im Erdgeschoss auf der Südseite einen eigenen ruhigen Spielbereich vorfinden. Auf der Nordseite eröffnet sich eine abwechslungsreiche Spiellandschaft für die älteren Ü3-Kinder, wobei die einzelnen Bereiche wie, Sand- und Wasser, Ruhezone, Freifläche und Experimentierfläche die Geometrie der Treppenhäuser wiederholen. Es entsteht eine vielfältig strukturierte Spiellandschaft für ungestörtes Spielen in Kleingruppen, modellierten Rundwegen (…Bobbycar, Laufräder u.dgl.) eingebettet in eine Rasen- und Wieselandschaft mit naturhaften Gestaltungs- und Erfahrungselementen (Weidentunnel / Naschobst / Kindergärtnern / Versteckmöglichkeiten u.dgl.; Die Bepflanzung erfolgt unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte als artenreiche Gehölzpflanzung mit vielfältigen Nährangeboten für die Insektenwelt (bspw. Schmetterlinge) mit dem Ziel der Steigerung der Biodiversität und als natürlicher Lern- und Erfahrungsschatz für Kinder. Eine umlaufende Hainbuchen-Hecke schützt das Kita Gelände und kontrolliert die Zugangsbereiche. Die Bestandsbäume wurden erhalten, und mit mehreren neuen Bäumen ergänzt.

Die Erschließung der Außenanlagen erfolgt barrierefrei. Da die Steigung stets unter 3 % bleibt, kann auf ein Geländer verzichtet werden.